| Elias Merle Nagel
Fünf Dinge, über die dein Chef sich freut …
… und um die er dich nie von selbst bäte
Geheimnisvoll und manchmal etwas unheimlich linst er zwischen den Jalousien seines Büros hervor, dabei aus seiner Kaffeetasse nippend, und wenn er die Jalousien hochgezogen hat, kannst du ihn an seinem Schreibtisch sitzen und ab und an lachen sehen. Telefoniert er mit jemanden, der gerade einen Witz gemacht hat? Oder schaut er lustige Youtube-Videos? Zuweilen wandert er in einer Mischung aus Schleichen und Flanieren durchs Büro. Er fragt dich nach dem Stand deines Projektes und nickt zufrieden, wenn du ihm Positives zu vermelden hast. Stößt du in deiner Arbeit allerdings auf Hindernisse, die es auszuräumen gilt, nickt er mit ernster Anteilnahme. Falls er Zweifel hat, zeigt er sie nicht, denn er hat vollstes Vertrauen in deine Fähigkeiten. Oder hast du nur was übersehen? Diesen einen Blick, so gegen Ende deiner Ausführungen, war das vielleicht ein kleiner Riss in der Maske seiner Gelassenheit, ein Hinweis darauf, dass er doch nicht so zuversichtlich ist, was dein Problemlösungskompetenz angeht? An einigen Tagen scheint er so etwas wie ein Mentor zu sein, vielleicht gar eine Art Freund, an anderen wirkt er wie ein Widersacher, jemand, an dem all deine grandiosen Ideen zerschellen. Er ist eine mysteriöse Gestalt, dein Chef, die zu durchschauen eine unmögliche Aufgabe zu sein scheint. Oder ist am Ende doch alles ganz anders?
Es wird – sehr wahrscheinlich jedenfalls – einen Grund geben, wieso dein Chef die Abteilung oder die Firma leitet, aber dennoch, da können wir dich beruhigen, ist er kein rätselhaftes Fabelwesen, dessen Ansinnen ewig im Verborgenen bleibt, sondern ein Mensch wie du und ich. Das bedeutet für dich, nicht im Trüben fischen zu müssen, wenn es darum geht, herauszufinden, was er von dir – und deinen Kolleginnen und Kollegen – erwartet. Das kann zwar, wie bei allen anderen Menschen auch, stellenweise schwierig sein, weil nicht jeder Wunsch oder jede Aufgabe klar und auf den Punkt gebracht formuliert wird. Einiges wird auch stillschweigend vorausgesetzt und erwartet.
Damit du deinen Chef noch besser verstehst, nennen wir dir fünf Dinge, die du tun kannst, die sich jeder Chef von dir auf der Arbeit wünscht, ohne dich darum zu bitten.
1. Übernimm Verantwortung
Dein Chef ist zwar der Boss, aber das heißt nicht, dass du jeden noch so kleinen Schritt bei ihm absegnen lassen und ihn selbst noch bei der Entscheidung nach dem Fettgehalt der Milch für die Kaffeeküche fragen musst. Als Person in verantwortungsvoller, vielleicht der verantwortungsvollsten Position im Unternehmen hat er natürlich auch so schon genug um die Ohren und es fehlt ihm die Zeit, sich um wirklich jede Entscheidung, die irgendwo in der Firma anfällt, zu kümmern. Deswegen geben viele von ihnen gerne Verantwortung ab.Das ist auf der anderen Seite für dich eine gute Gelegenheit zu zeigen, was in dir steckt und Verantwortung für Aufgaben zu übernehmen. Du setzt dir – und vielleicht auch anderen – Tagespunkte, organisierst Meetings oder erarbeitest Präsentationen, betreust Projekte von Kindesbeinen an bis zu ihrer Fertigstellung. So arbeitet es sich in der Regel auch angenehmer, da du mehr Freiheiten hast und nicht wegen Kleinigkeiten ständig aufgehalten wirst, weil es noch kein Ok vom Chef gibt – Kleinigkeiten, die deinen Chef ebenso von seinen eigentlichen Arbeiten abhalten.
Du wirst sehen, ihr werdet beide begeistert sein.
2. Lass ihn wissen, wenn dich etwas ins Stolpern bringst
Es ist schön für deinen Chef, wenn du Verantwortung und Führung unternimmst. Er gibt dir eine Aufgabe und wenn du sie fertiggestellt hast, präsentierst du sie ihm in deinem Büro. Aber nicht immer läuft alles so glatt, etwas kommt dazwischen und lässt dich die Deadline verpassen, du steckst plötzlich in einer Sackgasse oder ein Fehler hat sich eingeschlichen, der das ganze Projekt an den Rand des Scheiterns bringt. Vielleicht ist es auch zu viel und die Arbeit wächst dir über den Kopf, so dass es dir vorkommt, als seist du schon seit mehreren Tagen nicht mehr nach Hause gegangen und hättest kein Leben mehr außerhalb des Jobs. Gerätst du ins Schwimmen und merkst, die Situation nicht mal eben alleine lösen zu können, ist es keine Schande, dir das einzugestehen und damit zu deinem Chef zu gehen. Ganz im Gegenteil. Wenn unvorhergesehene Probleme auftreten, die sogar den Erfolg des Projektes gefährden, ist es unerlässlich, deinen Chef davon in Kenntnis zu setzen, denn im schlimmsten Fall kann es gravierende Auswirkungen für ihn und die Firma geben.Die allermeisten Chefs freuen sich am Erfolg ihres Unternehmens und nicht am Scheitern ihrer Angestellten, also brauchst du keine Angst zu haben. Es ist durchaus auch ein Zeichen von einer realistischen Selbsteinschätzung, wenn du nicht noch eine Weile hilf- und erfolglos an den Problemen herumdokterst, sondern rechtzeitig jemanden aufsuchst, der dir bei der Lösung helfen kann. Ganz nebenbei gibt es für dich auch einen Lerneffekt, um ähnliche Situationen in Zukunft selbst zu meistern.
3. Sei pünktlich und vorbereitet
Aus den Stellenanzeigen, auf die du dich bewirbst, geht in der Regel zumindest grob hervor, auf was für eine Stelle du dich bewirbst und was in etwa deine Aufgabenbereiche sind. Stellenangebote mit "Deine einmalige Karrierechance! Verdiene min. 3000€ netto schon im ersten Monat!", aus denen nicht einmal hervorgeht, ob du dich als Ingenieurin oder doch als Social Media Manager bewirbst, sind selten seriös. Weitere Informationen erhältst du während des Vorstellungsgesprächs und hast du dieses erfolgreich gemeistert, wird noch einmal detaillierter auf deine Aufgaben eingegangen. Aber natürlich kaut dir dein Chef nicht alle Basics der Arbeitswelt vor: Deadlines einhalten, pünktlich erscheinen, dich abmelden, wenn du krank bist, vorbereitet sein, wenn du ein Meeting hast. Die Reihe lässt sich weiter fortsetzen.Es sollte selbstverständlich sein, diese Basics einzuhalten, wenigstens, wenn du den Job behalten möchtest. Und nebenbei erfreut es deinen Chef. Denn es zeigt, dass du ganz bei der Sache bist.
4. Stell Fragen, mach Druck, wenn es sinnvoll erscheint, und biete alternative Lösungsmöglichkeiten
Auch wenn du nicht explizit dazu aufgefordert wirst, erwartet dein Chef von dir, Informationen zusammenzusammeln, wenn du etwas nicht verstehst oder nicht weißt, Aufgaben und Projekte hinterfragst, und alternative Lösungswege anbietest. Du bist nicht angestellt, um Aufgabe um Aufgabe wie ein Zombie auszuführen, auch deine Meinung, deine Fähigkeiten und deine Erfahrung ist gefragt, also äußere sie. Wenn in einem Projekt oder einer Planung ein Fehler steckt, ist es immer besser, das so früh wie möglich und nicht erst kurz vor Abschluss zu wissen.Es versteht sich von selbst, dass mit Hinterfragen nicht gemeint ist, aus Prinzip jedes Mal Kontra zu geben, egal, ob ein Projekt nun nahe der Perfektion ausgearbeitet ist oder nicht. Dein Chef hat sich in der Regel etwas dabei gedacht, wenn er dir eine Aufgabe gibt, und auch wenn er darüber freut, dass du dir Gedanken machst, will er nicht jede seiner Entscheidungen angezweifelt sehen und das Gefühl haben, du erwartest eine Rechtfertigung von ihm. Fällt dir etwas auf, das deiner Meinung nach verbesserungswürdig ist, frag ihn zum Beispiel lieber: „Wären Sie für einen alternativen Vorschlag offen?“ So offerierst du die Möglichkeit zu einer Diskussion, in der du deine Argumente darlegen und vielleicht überzeugen kannst, ohne die Entscheidung deines Chefs gleich in Frage zu stellen.
5. Hilf ihm, dich besser zu managen
Dein Chef ist, wie gesagt, am Ende des Tages auch nur ein Mensch, und immer gewillt, sich zu verbessern. Zu seinem Job gehört es, dir dabei zu helfen, bestmögliche Arbeit zu verrichten – das hilft dir, das hilft der Firma und das hilft selbstverständlich auch ihm selbst. Und deswegen sind viele von ihnen meist auch offen für dein Feedback. Auch hier macht der Ton die Musik – die Art und Weise ist wichtig und es gibt, je nach Situation, verschiedene Wege, das zu handeln. So kannst du beispielsweise bei einem Projekt, zu dem du gerne ein paar weitere Gedanken hättest, deinen Chef direkt nach einem Feedback fragen. Oder du teilst es ihm subtiler mit, zum Beispiel so: "Vielen Dank für Ihre Rückmeldung zu meiner Präsentation, das hat mir sehr geholfen. Es wäre großartig, wenn Sie mir zu anderen Projekten ebenfalls so ein detailliertes Feedback geben könnten." So weiß dein Chef, wie er dir perfekt zur Seite stehen kann.Auch interessant
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