Lange Zeit war ich nicht gerade der Mutigste, wenn es um Bewerbungen ging. Wenn Freunde mir erzählten, dass sie Initiativbewerbungen verschickt haben, rief es in mir meistens peinliche Berührung hervor. Ich dachte lange, dass ein solches Unterfangen ja doch nichts bringen würde.
"Warum machst du sowas überhaupt?" fragte ich meine Freunde regelmäßig. "Du bewirbst dich für einen Job, den es gar nicht gibt!" Nachdem ich jedoch anfing als Recruiter zu arbeiten, sah ich Initiativbewerbungen plötzlich in neuem Licht. Warum? Selbst wenn die Bewerber sich nicht auf eine bestimmte Stelle bewarben, waren ihre Bewerbungen meist doch sehr beeindruckend. Allein die Tatsache, dass eine Person die Initiative ergreift, sagt schon viel über sie aus.
Es gibt jedoch einige Dinge, die du beachten solltest, bevor du deine Bewerbungen wahllos an Unternehmen schickst. Eine Initiativbewerbung ist gar nicht so riskant (oder sinnlos) wie du vielleicht denkst. Diese drei Dinge werden wahrscheinlich eintreten, wenn du eine Initiativbewerbung verschickst.
Du erwischt den Personalchef unvorbereitet – das muss aber nicht schlecht sein
Personaler sind gut darin, sich an verschiedene Gegebenheiten anzupassen, aber eine Bewerbung aus dem Nichts zu erhalten, bringt die meisten dann doch aus dem Konzept. Ab und zu erhalte ich auch eine unerwartete Email (oder noch seltener einen unerwarteten Umschlag), dann halte ich immer inne und schaue mir das Schreiben ganz genau an. Und das muss nicht unbedingt etwas schlechtes sein.Es ist kein Geheimnis, dass es schwer ist, gutes Personal zu finden. Die Personalverantwortlichen hoffen immer darauf, dass die Bewerber ganz besonders toll sind. Es ist nicht so, dass wir den ganzen Tag rumsitzen, über Bewerbungen lachen und uns an der Tatsache laben, dass wir die Entscheidungsvollmacht haben. Wenn ich also eine Initiativbewerbung in die Finger bekomme, denke ich mir immer „Diese Person ist mutiger als ich es beim Thema Bewerbungen je war.“ Außerdem kann ich sicher sein, dass er oder sie wirklich hier arbeiten will. Da Bewerbungen meist kaum Gelegenheit haben, um die Aufmerksamkeit des Personalers zu fesseln, ist das schon mal eine gute Voraussetzung.
Die Bewerbung wird erstmal in der Warteschleife hängen – allerdings nicht lange
Ob man es nun mag oder nicht, ein Makel des Bewerbungsprozesses ist immer noch nicht von der Hand zu weisen: Es dauert meist einfach zu lange.Selbst bei ausgeschriebenen Stellen haben viele Unternehmen ein Problem mit der zeitnahen Verarbeitung und Kommunikation. Egal wie gut deine Bewerbung ist, manchmal dauert es Wochen bis du eine Reaktion erhältst. Wenn du eine Initiativbewerbung verschickst, solltest du dir darüber im Klaren sein, dass die Personalabteilung wahrscheinlich gerade mit einer Reihe von ausgeschriebenen Stellensuchen beschäftigt ist. Diese Bewerbungen haben natürlich Vorrang. Je schneller man diese Positionen besetzt hat, desto schneller kann man sich um alles Weitere kümmern.
Wenn du also deine Initiativbewerbung an ein Unternehmen schickst, dann rechne schon mit einiger Wartezeit. Es ist nichts persönliches, es liegt nur an den vollgestopften Terminkalendern der Personaler. Nach ein paar Wochen kannst du dich gerne bei deinem Ansprechpartner melden, um noch mal nachzufragen, aber sei nicht zu enttäuscht, wenn du lange gar keine Antwort bekommst.
Deine Bewerbung kann irgendwann sehr, sehr ernst genommen werden
Eine Initiativbewerbung, die nicht auf das Unternehmen zugeschnitten ist und im Grunde nur sagt „Hallo, ich suche einen Job“, wird dich nicht weit bringen. Wenn du dir aber die Zeit nimmst, um herauszufinden, was das Unternehmen genau macht, was die täglichen Herausforderungen sind und wie du ins Bild passt, auch wenn gerade keine passende Stelle für dich ausgeschrieben ist, hast du gute Karten. Die Personaler werden dich in ihre Pipeline von potentiellen Angestellten aufnehmen. Ja, das heißt, du solltest eine Email schreiben, die sich wie ein Bewerbungsschreiben liest. Ja, das heißt auch, du musst den richtigen Ansprechpartner ermitteln. Nein, das allgemeine Kontaktformular ist nicht die richtige Adresse.Wenn das Unternehmen kurz davor steht, eine Stelle auszuschreiben, dann laden sie dich vielleicht direkt zu einem Vorstellungsgespräch ein. Dadurch wirst du dank deiner Initiativbewerbung Teil des Bewerbungsprozesses. Auch wenn du nicht direkt eingestellt wirst, kann eine Initiativbewerbung vielleicht zu einem freiberuflichen Arbeitsverhältnis zu führen. Oder du machst einfach nur einen guten Eindruck auf den Recruiter. Solange du mit Bedacht vorgehst, kann es nicht schaden eine Initiativbewerbung zu verschicken. Ganz im Gegenteil! Du eröffnest dir dadurch neue Möglichkeiten.
Eine Bewerbung für einen Job zu schreiben, der gar nicht ausgeschrieben ist oder den es womöglich gar nicht gibt, klingt einschüchternd, aber das muss es nicht sein. Werde dir klar darüber, vor welchen Herausforderungen das Unternehmen steht und wie du zur Lösung beitragen kannst. Durch diese zwei Schritte weckst du das Interesse der Personaler, genau wie du es auch bei einer normalen Bewerbung tust. Wahrscheinlich freuen sie sich sogar, dass jemand den Mut hat, die Initiative zu ergreifen.
Um dir zu zeigen, wie so eine Initiativbewerbung aussehen kann, ist hier ein Beispiel. Bevor du jetzt aber copy and paste drückst, denk daran, dass du deine Bewerbung persönlich und originell gestalten willst.
Sehr geehrte Frau Personalchefin,
während ich mich eingehend mit der Karriereseite Ihres Unternehmens beschäftigt habe, fiel mir auf, dass Firma ABC häufig Hochschulabsolventen einstellt. Meine Recherche über Firma ABC führte mich zu der Erkenntnis, dass ich aufgrund meiner Fähigkeiten und Interessen genau zu den Bedürfnissen Ihres Unternehmens passe.
Wie Sie meinem Lebenslauf entnehmen können, habe ich kürzlich mein Bachelorstudium im Fach XYZ erfolgreich abgeschlossen. Während des Studiums habe ich mich an vielen außeruniversitären Aktivitäten beteiligt und konnte dadurch meine Kommunikationsstärke und Führungsqualitäten schulen. Ich verfüge darüber hinaus über praktische Erfahrung im Bereich XYZ, da ich bereits zwei Praktika absolviert habe.
Ich freue mich auf Ihre Einladung zu einem Gespräch.
Herzliche Grüße
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