Während des Bewerbungsprozesses solltest du dich immer daran erinnern, dass es in erster Linie nicht um dich als Person geht, sondern darum, wie du dem Unternehmen nützlich sein kannst. Wenn du dich im Laufe des Prozesses auf diesen Gedanken besinnst, bist du den meisten anderen Kandidaten einen großen Schritt voraus.
Ich weiß, was du jetzt denkst: Es sollte doch um mich gehen. Ich bin hier, weil das Unternehmen wissen möchte, was ich zu bieten habe. Aber in Wirklichkeit interessiert sich der Personalchef (noch) nicht für dich.
Du kommst nur ins Spiel, weil der Recruiter ein Problem hat (eine Liste von Aufgaben, die so groß ist, dass nur ein ganzer Mensch sie erledigen kann) und dabei ist, eine Lösung zu finden (eine Person, die qualifiziert genug ist, diese Aufgaben zu bewältigen). Du musst deinen Nutzen für das Unternehmen als Lösung des Problems des Personalers erkennen und diesen dann entsprechend verkaufen. Um das zu tun zu können, musst du natürlich das konkrete Problem erst einmal identifizieren.
Falls du jemals in der Verkaufswelt warst, wird dir dieses Konzept bekannt vorkommen. Es klingt vielleicht so, als würde ich dir empfehlen, dich selbst zu verkaufen. Ja, es ist ein Verkaufskonzept, aber nein, so meine ich das nicht. Ich schlage dir vor, dich besser auf dein Jobinterview vorzubereiten und zwar mit der Idee deinen Nutzen für das Unternehmen im Sinn zu haben und diesen zu unterstreichen.
Wie funktioniert das in der Praxis?
1. Stelle Fragen, die deinen Nutzen herausstellen
Es ist in Ordnung, zu jedem Zeitpunkt des Gesprächs Fragen zu stellen – du brauchst nicht bis zum Schluss warten. Im Endeffekt macht es das Gespräch sogar runder, wenn auch du deinem Gegenüber Fragen stellst. Es läuft nicht nach dem Muster, dass der Recruiter Frage um Frage herausschießt während du nur da sitzt und im Autopilotmodus antwortest.
Hier sind einige Ideen, die dir die Möglichkeit geben zu brillieren, während du dir über das Unternehmen und das Team, in welchem du arbeiten möchtest, bewusst wirst:
· Was sind zurzeit die größten und dringendsten Probleme und Herausforderungen im Team?
· Was ist die Vision des Unternehmens und was muss getan werden, um diese zu verwirklichen?
· Welche Eigenschaften muss der neue Mitarbeiter mitbringen, um dem Team langfristig helfen zu können?
So könnte das Ganze ablaufen:
Recruiter: „Welche Erfahrungen haben Sie im Bereich Projektmanagement?“
Du: „Ich habe Erfahrungen in verschiedenen Bereichen des Projektmanagements gesammelt, von der tatsächlichen Leitung des Projekts, welche den Workflow-Prozess plante, bis hin zu verschiedenen Positionen, in denen ich beispielsweise für die Content Entwicklung zuständig war. Können Sie mir sagen, welche Vakanz es momentan in Ihrem Projektmanagementteam gibt und wie sich diese Vakanz auf Ihre täglichen Herausforderungen auswirkt?“
Recruiter: „Nun ja, zurzeit fehlt uns jemand, der die Beziehungen zwischen den Fachexperten, Content Entwicklern und unserem Regulationsteam managet. Unsere Projektleitung ist ausgezeichnet darin, Zeitpläne zu erstellen und Aufgaben zu verteilen, allerdings funktioniert die Kommunikation zwischen den einzelnen Teammitgliedern noch nicht reibungslos. Wir könnten wirklich Hilfe beim Workflow Design gebrauchen.“
Du: „Das ist ein wichtiger Teil eines jeden Projekts und ich habe mich damit schon häufig befasst. Um ein Beispiel zu nennen: Im Laufe eines früheren Projekts war es mir möglich, die Schwachpunkte der Kommunikation zu erkennen, welche regelmäßig zu großen Verzögerungen im Zeitplan führten. Diese Schwachpunkte konnte ich dann ausmerzen, so dass unser Projekt bereits drei Wochen vor der Deadline fertig war.“
Diese Antwort unterstreicht deinen Wert für das Unternehmen, denn es hebt deine Erfahrungen hervor ohne, dass du zu weit abschweifst. Du hast herausgefunden, welcher Teil des Teams Unterstützung braucht und darüber hinaus auch noch deinen Wert hervorgehoben. Und das ist in der Tat genau das, was auch im Verkauf passiert. Ein erfolgreicher Verkäufer nennt nicht tausende von Gründen, warum sein Produkt so toll ist. Stattdessen stellt er seinem Kunden Fragen, um herauszufinden, welche ein oder zwei Eigenschaften für ihn am wertvollsten sind.
Danach hast du nach aktuellen Vakanzen im Team gefragt, sowie nach genauen Problemen, welche dir einen Einblick in seine Bedürfnisse geben. Die Bedürfnisse zu kennen, erlaubt es dir, deine spezifischen Erfahrungen zu teilen, welche sich im besten Fall mit seinen Bedürfnissen decken. Genau das ist wertbasiertes Agieren in einem Vorstellungsgespräch – und genau daraus entstehen Jobangebote.
2. Wie man den Verkauf abschließt…
Nachdem du durchdachte, tiefgehende Fragen gestellt, Notizen gemacht und einen Sinn für die Bedürfnisse des Unternehmens entwickelt und relevante Beispiele gegeben hast, solltest du einen ziemlich guten Eindruck davon haben, was der Personaler genau sucht. Nutze dies als Vorteil für deine Nachfassmail, die du dem Recruiter nach eurem Gespräch schicken kannst. Anstatt nur ein „Danke“ zu schicken, versuche das Folgende: Erinnere dich an die wichtigsten Punkte eurer Unterhaltung, vergiss dabei nicht die Punkte, die du eingebracht hast und wie diese deinen Wert für das Unternehmen steigern:
Guten Tag [Name des Recruiters],
es war schön Sie kennenzulernen. Mir gefiel es sehr, mit Ihnen über die Ziele Ihres Unternehmens zu sprechen. Es klingt ganz so, als wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um in Ihrem Unternehmen anzufangen.
Basierend auf unserem Gespräch, hatte ich den Eindruck, dass Ihr Team Unterstützung benötigt, um folgende Ziele zu erreichen: [beschreibe die Ziele, die im Gespräch genannt wurden].
Ich glaube, meine Erfahrungen in [nenne den jeweiligen Bereich] stellen eine ausgezeichnete Ergänzung zu den Belangen Ihres Unternehmens dar und ich hoffe, dass ich bald die Gelegenheit bekommen werde, Ihnen noch mehr Ideen in einem weiteren Gespräch zu unterbreiten.
Diese Art von Schreiben fokussiert sich auf die jeweiligen Herausforderungen und Bedürfnisse des Recruiters. Es legt dar, wie deine Erfahrungen möglicherweise eine Lösung für diese Probleme darstellen können. Achte auf das Verhältnis der Pronomen der zweiten Person (Sie, Ihre,…) zu den Pronomen der ersten Person (Ich, Mich, Mein,...) – Im Idealfall beträgt das Verhältnis sechs zu drei. Lege den Fokus auf den Recruiter und nicht auf dich selbst – was uns zum dritten Punkt bringt.
3. Denk dran: Es geht nicht um dich, es geht um sie
Ein erfolgreicher Verkäufer weiß, dass ein Käufer ein Produkt nicht kaufen wird, wenn er sich nicht vorstellen kann, dieses auch zu benutzen. Dies ist vergleichbar mit wertbasiertem Agieren im Vorstellungsgespräch. Sorge dafür, dass der Recuiter sich genau vorstellen kann, wie du Probleme für ihn löst. Das erreichst du durch das Stellen von Fragen und durch zielgerichtete Antworten, die eine Geschichte darüber erzählen, wer du bist, was du bereits erreicht hast und was du erreichen wirst, sobald du eingestellt bist.
Also, wenn du dich das nächste Mal auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitest, nimm dir etwas mehr Zeit, um zu üben, wie du am besten Fragen stellen kannst, die den Recruiter dazu bringen, seine Bedürfnisse zu nennen. Nimm dir Zeit, um deine potentiellen Antworten vorzubereiten. Dieses Vorgehen wird dich davor bewahren, im entscheidenden Moment dein Potential nicht zeigen zu können. Ja, diese Strategie fordert mehr Aufwand – aber es wird sich auszahlen, wenn du den Job an Land ziehst.
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