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Das große Fragezeichen Motivation

Biyon Kattilathu im Interview
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Was fasziniert dich so am Thema Motivation? Was hat dich dazu gebracht, dich hauptberuflich damit auseinanderzusetzen?

Was fasziniert mich so am Thema Motivation? Motivation ist das Leben. Motivation ist der Grund, warum man morgens aufsteht, Motivation ist der Grund, warum man zur Arbeit geht, Motivation spielt in jedem Sektor des Lebens eine Rolle. In dem Wort Motivation steckt auch das Wort Motiv. Es ist – anders gesagt – das Warum. Das Warum für den Sport bringt die Motivation für den Sport, das Warum für eine gute Beziehung macht dich zu einem guten Beziehungsmenschen, genauso das Motiv für die Arbeit, wenn das klar wird, gibst du im Beruf Gas. Von daher finde ich, das Thema sollte jeden faszinieren, nicht nur mich. Aber natürlich habe ich auch gemerkt, dass ein großes Fragezeichen dahinter ist. Viele Menschen beschäftigen oder fragen sich, warum fehlt mir der Antrieb in bestimmten Bereichen, warum fehlt mir z.B. der Antrieb zum Sport oder zum Job zu gehen. Oder warum habe ich das Gefühl von Stillstand?
So habe ich angefangen, mich damit theoretisch und praktisch auseinanderzusetzen. Also praktisch in meinem Sport, in der Taekwondo-Nationalmannschaft, da muss man sich automatisch mit dem Thema Motivation auseinandersetzen. Wie schafft man, auf den Punkt motiviert zu sein und auch nach Niederschlägen, also im wahrsten Sinne des Wortes, wieder aufzustehen und weiterzumachen.
Natürlich habe ich mich auch wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Meine Doktorarbeit habe ich über Kunden- und Mitarbeiterpsychologie geschrieben, da hat mich interessiert, was gibt es für fundierte Kenntnisse, was steckt dahinter, was begeistert Kunden, was begeistert Mitarbeiter, wie kann man Mitarbeiter motivieren. Da habe ich gemerkt, dass das Ganze zusammengefasst genau das ist, was ich gerne vermitteln möchte. Also, wenn man mich fragt, was machst du genau, sage ich: "Ich inspiriere gerne Menschen. Ich inspiriere gerne Menschen, sei es junge Menschen über meinen Youtube-Kanal, sei es Mitarbeiter bei Vorträgen, sei es meinen Kumpel, der gerade vielleicht mal einen Durchhänger hat." Es macht mir einfach Spaß zu sehen, dass andere erfolgreicher werden, motivierter werden und Spaß haben bei dem, was sie tun.

Hast du das Gefühl, dass das Thema Motivation von vielen unterschätzt wird oder denkst du, dass den Leuten einfach das richtige Werkzeug fehlt?

Ich glaube, das Thema wird nicht unterschätzt, sondern nur falsch verstanden. Jeder braucht Motivation, sonst würden wir alle im Bett liegen und hätten Lust auf gar nichts. Allerdings, wenn du ein Ziel hast, z.B., du willst aufhören zu rauchen oder du willst mehr Produkte verkaufen, formulierst du in dem Moment, wo du ein Ziel formulierst, automatisch auch ein Defizit von dir: Derjenige, der aufhören will zu rauchen, hat ein Defizit, denn er raucht gerade, derjenige der mehr verkaufen will, verkauft gerade nicht so viel, wie er gerne möchte. Allein die Zielformulierung kann wehtun, weil man dann genau weiß, ich habe eigentlich ein Problem in dem Bereich. Deswegen glaube ich, dass Menschen gerne in der Komfortzone bleiben und ihre Ziele ein bisschen vor sich her schieben, weil, wie gesagt, die Auseinandersetzung mit Zielen gleichzeitig die Auseinandersetzung mit den eigenen Defiziten bedingt.
Und viele denken natürlich, Motivation kommt von außen. Deswegen bin ich auch nicht dieser typische Motivationscoach. Motivation ist nicht etwas, was jemand hat, sondern etwas, was man generiert, das ist der große Unterschied. Also, ich kann dir nicht sagen, mit dem und dem Tool bist du motiviert, nein, es muss für dich klar werden, für dich muss es Klick machen und du musst den Weg finden oder die Mittel anwenden, die für dich am sinnvollsten sind. Das heißt, du generierst Motivation, wodurch auch immer. Der eine ist vielleicht eher der visuelle, der andere der auditive Typ, der andere ist vielleicht der Typ, der gerne viel liest und sich dadurch inspirieren lässt, aber man findet halt seinen Weg, seine persönliche Motivation und dann ist man auch in allen Lebensbereichen erfolgreich.

Wie würdest du deine Philosophie in zwei Sätzen zusammenfassen?

Ich kann sie in einem Satz zusammenfassen, den meine Eltern mir immer gesagt haben: "Verlasse die Welt ein Stückchen besser, als du sie vorgefunden hast." Das ist meine Philosophie, mein Antrieb in jedem Bereich. Menschen zu inspirieren, Gutes zu tun, vielleicht auch für den einen oder anderen ein Leitbild zu sein, vielleicht eine Inspirationsquelle zu sein. Wenn ich einen Vortrag vor 300-400 Mitarbeitern halte, die plötzlich so einen Funken von mir mitbekommen und dann wieder ein bisschen Feuer fangen, dann weiß ich, da hast du was geleistet, da hast du die Welt ein bisschen schöner gemacht. Und ich glaube, dass das die Aufgabe von jedem sein sollte, dass man bei sich selbst anfangen und schauen sollte, in meinem Mikrokosmos, was kann ich tun, um die Welt ein kleines Stückchen schöner zu machen. Das kann ein aktives Zuhören sein, dass kann eine kleine Hilfestellung sein für jemanden, das können Kleinigkeiten sein. Wenn jeder ein bisschen was tut, dann verändert sich das große Ganze.

Kommen wir zu deinem aktuellen Projekt „"GrowingPlan(t)s", einem Coachingprogramm speziell für junge Mitarbeiter und Erwachsene, die gerade frisch in die Arbeitswelt eingestiegen sind. Du hast bereits zuvor mit Jugendlichen und Schulen zusammengearbeitet. Inwiefern unterscheidet sich dein Ansatz in der Zusammenarbeit mit jungen Erwachsenen von dem mit älteren?

Im Kern ist jeder Mensch ähnlich, was sich unterscheidet, sind bestimmte Werte und Herausforderungen. Und die Herausforderungen hängen natürlich stark mit dem Alter zusammen. Ein Achtzehnjähriger hat andere Probleme oder Herausforderungen als ein Vierzig- oder Fünfzigjähriger. Allerdings, im Kern ist jeder Mensch gleichgestrickt. Wenn du einem Menschen z.B. deutlich machst, warum er etwas tut und wieso er etwas tun sollte, dann ist dieser Mensch motiviert. Wenn du einem Menschen Aufmerksamkeit schenkst, dann freut sich dieser Mensch, unabhängig von Alter oder Generation. Im Bereich Mitarbeitermotivation musst du schauen, wie du einem Menschen auf Augenhöhe begegnen kannst. Da ist es klar, dass du Leuten, ich sag mal aus der "Generation Y", das ist ja die Generation, die jetzt auch bei "Growing Plan(t)s" explizit angesprochen wird, anders auf Augenhöhe begegnen musst als einem Fünfundvierzigjährigen. Das unterscheidet sich natürlich deutlich. Das hängt einfach damit zusammen, dass sie andere Herausforderungen haben. Dass sie anders geführt werden wollen. Es gibt z.B. nicht nur die "Work-Life-Balance", die damals typisch war. Junge Menschen wollen sich jetzt beispielsweise frei entfalten können in der Arbeitszeit, viele setzen auf Homeoffice oder fordern persönliche Weiterbildungen im Unternehmen.
Da ich gemerkt habe, dass ich einen sehr guten Draht zu den jungen Leuten habe, habe ich auf dieser Basis "Growing Plan(t)s" entwickelt. In meiner Doktorarbeit habe ich geschaut, was junge Menschen beeinflusst und das sind natürlich andere Punkte als beim typischen Chef oder älteren festen Mitarbeiter. Du kannst nicht sagen: Hier ist mein Motivationsprogramm und das gilt jetzt für alle Menschen. Das funktioniert nicht. Wenn ich einen Mitarbeitervortrag halte, dann muss ich denen anders begegnen als jungen Menschen. Wenn ich im Ausland bin, muss ich den Menschen anders begegnen als in Deutschland. Wenn ich in der technischen Branche einen Vortrag halte, muss ich den Menschen anders begegnen als in der kreativen Branche und das ist halt das, was wirklich gefordert ist, dass du dich individuell auf den Menschen einstellst und auch verstehst, warum sind die jungen Menschen so, wie sie sind und dann eben nicht zu kritisieren und zu sagen, das ist aber doof, wie sie sind oder das ist schlecht, sondern zu schauen, warum ticken sie so und wie schaffst du es effizient, sie zu erreichen und zum Ziel zu führen.

Gibt es ein trotzdem ein Grundgerüst oder gehst du wirklich an jeden Menschen gänzlich offen und individuell ran und richtest danach deine Strategie aus?

Beides ist richtig. Dadurch, dass ich an sechs verschiedenen Universitäten in Deutschland und Europa als Dozent tätig war, habe ich wahrscheinlich zehntausende Studenten in Einzelgesprächen erlebt. Da hat man schon mal ein sehr gutes Gefühl entwickelt. Ich habe immer das Gespräch gesucht, das ist immer ganz wichtig, um zu verstehen und den Leuten auch wirklich auf Augenhöhe begegnen zu können. Andererseits beschäftige ich mich sehr viel mit Langzeitstudien, es gibt ja genügend Universitäten im In- und Ausland, die sich mit den Bedürfnissen und Herausforderungen von jungen Menschen beschäftigen. Und da ist, glaube ich, eine Mischung ganz wichtig. Dass du auf der einen Seite praktisch einsteigst, mit jedem Menschen einmal sprichst, guckst, was seine Meinung ist, und auf der anderen Seite auch schaust, was sind vielleicht Dinge, die jetzt über zehn Jahre hin herausgefunden wurden. So z.B., warum die "Generation Y"- Kommunikation schwächer ist als vielleicht die anderer Generationen oder zumindest im persönlichen Gespräch schwächer. Das liegt ganz häufig an dem hohen Handygebrauch oder an den Social-Media-Aktivitäten. Was ja nicht schlecht ist, da muss man aber mal schauen, wie man das Ganze jetzt ummünzen und effektiv im Unternehmen verwerten kann. Du musst natürlich schauen, was wären da mögliche Strategien und wie geht man da am besten vor und deswegen glaube ich, es gibt da auch kein Basisrezept, dass man sagt, man muss nur Einzelgespräche führen und wenn du tausend geführt hast, hast du die Ahnung, sondern da musst du dich wirklich rantasten, ein Gefühl dafür entwickeln, mit vielen Menschen und Experten sprechen und darauf passierend einfach die beste Lösung präsentieren.

Eine Frage noch zum Abschluss. Du hast gesagt: "Jeder Mensch, der mir begegnet, wird besser und glücklicher wieder von mir gehen." Ein großartiges, aber ambitioniertes Unterfangen. Wie packst bzw. "knackst" du einen völlig motivationslosen Menschen?

Also knacken kann ich niemanden, außer ich möchte ihm Schmerzen zufügen. (lacht) Du kannst inspirieren, du kannst ein Wegweiser sein. Du kannst jemanden aber nicht verändern. Was du kannst, ist, dich selbst zu verändern. Das heißt, deine Kommunikation zu verändern, die Art und Weise zu verändern, wie du den Menschen gegenübertrittst, das Medium verändern. Ich setze z.B. zwischendurch manchmal auf Videos, um Menschen zu inspirieren.
Alles, was wir suchen, was du suchst, was die Leser suchen, was ich suche, das steckt schon in uns. Es ist nur die Frage, sind wir wirklich bereit, Gas zu geben und dazu gehört auch die Bereitschaft sich zu öffnen für gewisse Themen. Wenn jemand kommt und sagt: "Och nö, Motivation", dann wirst du diesen Menschen auch niemals irgendwie "packen" oder "knacken" können, wie du es gesagt hast, darum geht es dann auch gar nicht. Aber du kannst, wenn der Mensch eine gewisse Bereitschaft zeigt, ihn zumindest inspirieren, kannst sagen: "Hey, da gibt’s was", oder einfach nur eine kleine Buchempfehlung geben, dass der merkt, da passiert etwas. Da kannst du individuell gucken, was ist sein oder ihr Weg, denn den richtigen Weg, den gibt es nicht. Viele sind auf der Suche nach dem Schlüssel zum Glück, wie man so schön sagt, aber diesen Schlüssel, den gibt es gar nicht, sondern die Tür zum Glück, die steht immer schon offen und du musst nur selbst hindurchgehen.


Über den Interviewpartner:
Dr. Biyon Kattilathu ist nicht nur Experte im Bereich Motivation, er lebt seine Überzeugung auch in der Praxis und wurde jüngster Schwarzgurt-Träger Deutschlands und Deutscher Meister im Taekwondo. Es war auch der Kampfsport, der ihn sich intensiv mit dem Thema Motivation auseinandersetzen ließ. Er ist der Überzeugung, dass wirklich jeder Mensch dazu fähig ist, sein Potenzial gänzlich zu entfalten und so entschied Biyon nach seiner Doktorarbeit über "Motivation/Kundenpsychologie" seine Philosophie auch weiterhin mit anderen zu teilen. Neben Seminaren und Vorträgen arbeitet Biyon auch mit Jugendlichen zusammen. Gerade erst hat er das Projekt "Growing Plan(t)s" entwickelt, ein Coachingprogramm für junge Mitarbeiter und Erwachsene. Außerdem ist er im Herbst mit seiner Unterhaltungsshow "Was glaubst du, wer du bist?!" unterwegs.
Tipps und mehr findest du auf Biyons Youtube-Channel und auf Facebook

Tags: Erfolg + Karriere + Karrieretipps + Karriere machen + Traumjob + Interview

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