Ein Vorstellungsgespräch gliedert sich in folgende Phasen:
- Vor dem Vorestellungsgespräch
- Während des Vorstellungsgesprächs
- Nach dem Vorstellungsgespräch
Vor dem Vorstellungsgespräch
Eine Woche vorher...Zur Vorbereitung eines in Kürze anstehenden Vorstellungsgesprächs gehören eine sachliche und eine persönliche Vorbereitung. Die sachliche Vorbereitung bedeutet u.a. die Erstellung einer To-do-Liste: Was muss ich noch abklären bzw. organisieren (z.B. Zugverbindungen eruieren, Auto checken lassen, Anzug oder Kostüm in die Reinigung bringen usw.). Zur persönlichen Vorbereitung gehört die Auseinandersetzung mit der eigenen Person, vor allem mit persönlichen Stärken und Defiziten. Stelle dir folgende Fragen: Welche beruflichen Interessen, Fähigkeiten etc. habe ich? Was sind meine Defizite, das heißt, woran muss ich noch arbeiten? Welche Lebensziele strebe ich an? Ist die Passung von Person und Jobangebot befriedigend? Zur Klärung dieser Frage kann eine Phantasiereise in die Zukunft mit Hilfe des 10-10-10-Modells hilfreich sein:
Angenommen ich bekomme den Job...
In 10 Tagen....wie fühlt sich der Job an?
In 10 Monaten...wie fühlt sich der Job an?
In 10 Jahren...wie fühlt sich der Job an?
Eine Stunde vorher...
Beachte unmittelbar vor dem Vorstellungsgespräch die Prinzipien "Relax","Run" und "Reinforcement"!
"Relax" bedeutet, die Anspannung zu reduzieren, indem du zum Beispiel die sog. Bauchatmung einsetzt. Lege die Hände in Höhe des Nabels auf den Bauch. Beim Einatmen hebt sich der Bauch, das Zwerchfell und die unteren Lungen füllen sich mit Luft. Die Hände werden dadurch nach oben gedrückt. Beim Ausatmen nimmt das Zwerchfell seine frühere Position ein. Der Bauch wird flach und die Hände kehren in ihre Ausgangslage zurück. Achte darauf, dass die Ausatmungsphase länger ist als die Einatmungsphase, das ist für den Entspannungseffekt wichtig.
"Run": Lege die letzte Strecke zum Vorstellungsgespräch zu Fuß zurück, denn körperliche Bewegung ist ein probates Mittel, um Aufregung zu reduzieren.
"Reinforcement": Setze positive Selbstaffirmationen ein. Formuliere drei positive (aber realistische) Aussagen über dich selbst und wiederhole sie innerlich in einer bestimmten Reihenfolge auf dem Weg zum potenziellen Arbeitgeber.
Während des Vorstellungsgesprächs
Nicht nur direkte verbale Aussagen sind für den Erfolg oder Misserfolg verantwortlich, sondern auch Optik und Akustik spielen hier eine subtile, aber wichtige Rolle.Achte auf deine Kleidung! Im Business-Bereich sollte sie auf jeden Fall auch businesslike sein!
Achte auf deine Sprache! Sie sollte möglichst dialektfrei sein, voll und angenehm klingen. Die Betonung soll entsprechend den Sinneinheiten wechseln, die Pausen müssen angemessen sein. Die Stimme kann man "ölen“, indem man an die frische Luft geht (Sauerstoffzufuhr), etwas trinkt und Bonbons ohne Eukalyptus oder Menthol lutscht.
Weitere nonverbale "Cues“ sind Mimik, Gestik und Sitzhaltung. Die Mimik sollte offen, freundlich und interessiert sein, die Gestik sparsam, aber vorhanden, die Sitzhaltung freundlich und zugewandt. Wickele deine Beine nicht um den Stuhl, strecke sie nicht bis in das Terrain deines Gegenübers aus, verschränke nicht die Arme.
Jedes Vorstellungsgespräch beginnt mit einer Smalltalk-Phase, in der du dich um ein angenehmes Gesprächsklima bemühen solltest. Vermeide auf jeden Fall Kritik und Klagen (bin in einen furchtbaren Stau geraten, das Wetter ist ja schrecklich usw.).
Im Vorstellungsgespräch selbst begegnen dir vor allem drei Arten von Fragen:
- Vortragsfragen
- Standardfragen
- Stressfragen
Typische Vortragsfragen sind
- Was haben Sie bisher so gemacht?
- Fassen Sie einmal kurz den Inhalt Ihrer Bachelor-/Masterthesis zusammen?
- Was wissen Sie über dieses Unternehmen?
- Was waren die wichtigsten Erfahrungen in Ihrem letzten Praktikum?
Auf Vortragsfragen kann man sich sehr gut vorbereiten, indem man die Antworten als ca. 3- bis 5-minütigen Vortrag präpariert. Beim Lebenslauf ist wichtig, etwa beim Abi zu beginnen und nicht nur Fakten zu nennen, die dem Interviewer aufgrund deiner schriftlichen Bewerbung ohnehin bekannt sind, sondern auch wichtige Erfahrungen, Interessen und Ziele zu thematisieren.
Typische Standardfragen sind:
- Warum haben Sie sich gerade bei uns beworben?
- Was sind Ihre größten Stärken?
- Was sind Ihre größten Schwächen?
- Wo sehen Sie sich beruflich in 5(10) Jahren?
- Warum sollten wir gerade Sie einstellen?
Bei der Frage nach den "Stärken“ gilt grundsätzlich, dass man sich am Ausschreibungstext orientieren sollte. Bitte nenne keine banalen Stärken wie Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, die als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Nenne außerdem nicht nur Soft Skills, sondern auch Hard Skills, z.B. Teamorientierung (Soft Skill) und gutes Zahlenverständnis (Hard Skill). Belege deine persönlichen Stärken immer mit Beispielen, u.a. Verweise auf Zeugnisse, besondere Leistungen im Praktikum, konkrete Rückmeldungen.
Bei der Schwächen-Frage gilt: Nur ein bis zwei Schwächen nennen und dabei möglichst solche erwähnen, die verkappte Stärken sind wie etwa Perfektionismus. Eine andere Möglichkeit besteht darin, echte, aber berufsferne Schwächen zu erwähnen (nicht musikalisch sein, nicht zeichnen können) oder aber "sichtbare“ Schwächen anzusprechen (z.B. hohes Emotionalitätsniveau - auch eine verkappte Stärke - sofern sich bei dir in einer Stresssituation bspw. Gesichtsröte oder rote Flecken zeigen).
Mit der Zukunftsfrage soll die Fähigkeit erfasst werden, langzeitig mit Zwischenschritten und Zwischenzielen planen und Visionen entwickeln zu können.
Typische Stressfragen sind:
- Wie erklären Sie sich Ihre lange Studiendauer?
- Warum sind Ihre Noten nicht besser?
- Warum haben Sie erst ein Jahr nach dem Abi angefangen zu studieren?
- Außer Studieren haben Sie anscheinend gar nichts gemacht?
- Warum haben Sie kein einziges Auslandssemester vozuweisen?
- Wie ist Ihre schlechte Mathematiknote im Zeugnis zu erklären? Zahlen sind wohl nicht Ihr Ding?
Generell gilt für den Umgang mit Stressfragen: Falls möglich, sollte man Defizite in Stärken umwandeln (Keine Topnoten? … Eher der praktische Typ, der sich neben der Ausbildung/dem Studium hochschulpolitisch und/oder ehrenamtlich engagiert hat), das Positive herausstellen (Langes Studium? … Studium selbst (mit)finanziert, daher weniger Zeit zum Lernen) und Verantwortung übernehmen (schlechte Mathenote? … Damals waren Freunde, Ausgehen leider wichtiger als Schule …).
In manchen Bewerbungsinterviews kommen auch sogenannte Brainteaser zum Einsatz. Darunter versteht man knifflige "Kopfnüsse" bzw. Denksportaufgaben. Sie werden eingesetzt, um Stressresistenz, Kreativität und logisches Denkvermögen zu testen
Typische Brainteaser sind:
- Warum ist ein Gully rund? (Klassiker)
- Wie viele Smarties passen in einen Smart?
- Was ist mächtiger als Gott und böser als Satan? Die Armen besitzen es, die Reichen benötigen es, und wer es isst, stirbt?
Beim Umgang mit Brainteasern empfiehlt es sich, keine spontanen Intuitivlösungen anzubieten, sondern die Lösungsschritte laut bzw. nachvollziehbar zu entwickeln. Nachfragen sind übrigens o.k. und können helfen, Zeit zum Überlegen zu gewinnen – auch in anderen Phasen des Vorstellungsgesprächs.
Eigene Fragen
Am Ende eines Vorstellungsgesprächs wird dem Bewerber/der Bewerberin in der Regel Gelegenheit gegeben, eigene Fragen zu stellen. Auf jeden Fall sollte man ein bis drei Fragen stellen, über die man sich schon vor dem Vorstellungsgespräch Gedanken machen kann. Fehlende eigene Fragen könnten als Desinteresse ausgelegt werden.
Passende Fragen sind u.a.:
- Gibt es eine Arbeitsplatzbeschreibung?
- Wurde die Stelle neu geschaffen?
- Werden Weiterbildungen gefördert?
- Wie ist das weitere Procedere?
Unpassende Fragen sind u.a.:
- Wie viele Urlaubstage stehen mir zu?
- Werden Überstunden vergütet oder müssen sie abgefeiert werden?
Nach dem Vorstellungsgespräch
Schlecht gelaufen?Mache dir das Zitat von Winston Churchill zu eigen:
"The secret of my success is: I never, never, never gave up!"
Wenn du eine Absage erhalten hast, versuche, die Gründe für den Misserfolg zu analysieren, lies Bewerbungsratgeber, übe das Auftreten im Vorstellungsgespräch mit Freunden, einem Coach, im Career Center deiner Hochschule usw.
Gut gelaufen?
Falls du den Eindruck hast, du konntest deine Gesprächspartner im Bewerbungsinterview von dir überzeugen, so lege noch einen Scheit nach und schreibe einen sogenannten "Nachfassbrief“. Er sollte direkt Bezug auf das Gespräch nehmen, höchstens eine Seite lang sein, noch einmal dein Interesse an der Stelle betonen, die eigenen Qualifikationen herausstellen und eventuell angesprochene Vorbehalte entkräften.
Last but not least: Belohne dich für deine Leistung!!!
Über die Autorin:
Dr. Gabriele Bensberg ist Diplom-Psychologin und leitet die Psychologische Beratungsstelle des Studierendenwerks Mannheim. Sie ist Expertin für stressreiche Situationen vom Bewerbungsgespräch bis hin zur Prüfung.
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