Mein Gott, wie sehr ich es hasse. Diese eingefahren Betriebe in denen alles unter dieser Prämisse läuft. Aber das haben wir doch schon immer so gemacht. Der Satz tritt häufig in Unternehmen auf, in denen auch „der war schon immer so, lassen Sie ihn doch“ als legitime Begründung dafür gilt, Kollegen nicht auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen. Jedes Mal steht man da (zumindest erging es immer mir so) und denkt: Aber warum? Wir könnten es uns doch alle gemeinsam so viel einfacher machen, wenn wir uns gegenseitig mal ein bisschen mehr zuhören würden. Wenn wir ernsthaft mal die Kritik der Kollegen annehmen würden. Wenn wir nicht jeglichen guten Vorschlag anderer mit dem wahrhaftig dummen Satz „so war das hier noch nie“ oder „so war das hier schon immer“ herunterbügeln würden. Dieser Text richtet sich nicht an die Start-Up-Kids, die Selbstständigen mit den großen Ideen, an die Künstler. Dieser Text richtet sich an alle, denen es so ergeht wie es mir einmal ergangen ist. Du magst deinen Job, deine Kollegen, das Büro. Du willst es nicht aufgeben. Du hängst an deinem spießigen Laden. Aber du hast trotzdem gute Ideen und willst endlich, dass sie dir zuhören. Auch die, die seit 1703 im Boot sind und diesen Umstand gerne mehrmals täglich kommunizieren.
„Das haben wir hier schon immer so gemacht.“ Ja na und? Dass das im 20. Jahrhundert mal gut lief, heißt nicht, dass die Strukturen auch das nächste Jahrzehnt überleben. Oder die nächsten 12 Monate. Und das ist auch exakt der Grund, warum du einhaken solltest. Jedes Unternehmen braucht frischen Wind. Dein Unternehmen braucht deine gute Idee. Dann bringen wir den Stein mal ins Rollen!
Zieh ‚ne Nummer!
Bitte, bitte klär‘, was auch immer du klären willst, nicht zwischen Tür und Angel. Je nach Verstaubtheitsgrad des Unternehmens, für das du arbeitest, musst du wahrscheinlich noch einen Antrag stellen, selbst wenn du nur die Kaffee-Sorte wechseln willst. Dementsprechend ist es schon wichtig, einen richtigen Termin abzusprechen, an dem auch alle da sind: nicht nur die, die wirklich entscheidungstragend für dein Anliegen sind, sondern eben auch die, die bei allem gerne gefragt werden wollen und ansonsten gerne gute Ideen sabotieren (Ja, wir alle kennen diese Leute…). Lass Sie ruhig Ihren Senf dazugeben - sie sind nicht diejenigen, die du überzeugen willst.Bedenke auch, dass nicht jedes Thema zu jeder Zeit gleich passend ist. Kaffee wird immer getrunken, doch die Budget-Planung hat nun einmal ihren angestammten Platz in den Kalendern deiner Kollegen aus der Finanzabteilung. Ist diese im September und du kommst Anfang Oktober mit einer effektiven aber kostenaufwendigen Marketing-Idee um die Ecke, kannst du dir die Antwort (in diesem Falle zurecht) ausmalen.
Mach‘ deine Hausaufgaben!
… und zwar gründlich! Denn so wie es aussieht, möchten die Fossilien, die du da überzeugen willst am liebsten, dass alles erst einmal ganz genau so bleibt wie es das letzte Jahrhundert über auch war – denn so lief es fantastisch! Also: Neben einer guten Idee musst du auch noch gut verkaufen können. Ich weiß: Nicht jeder Kreativo sieht sich im Sales, aber wenn du die Vorteile nicht gut genug präsentierst, kannst du dir den Gang ins Meeting auch gleich sparen.Lege einen soliden, am besten schriftlich ausgearbeiteten, Plan vor. Und hey, Plan! Nicht mehr nur Idee! Überzeuge sie nicht nur davon, dass es mal ‚ne gute Sache werden könnte, wenn du ‚nen Dummen gefunden hast, der es für dich umsetzt, sondern, dass die Umsetzung in einem überschaubaren Rahmen möglich ist. Sonst wirft dich wahrscheinlich schon das Argument „So war’s hier nie, also brauchen wir’s auch nicht. Wofür der Aufwand?“ aus der Bahn.
Mach dich auf reichlich Gegenwind gefasst!
Ja, es könnte so sein, dass du hinein marschierst und gegen eine mehrköpfige menschliche Wand sprechen wirst. Darauf solltest du dich auf jeden Fall gefasst machen. Klar, du störst ihre Comfort-Zone, willst ihr geliebtes Konzept stürzen. Vielleicht kommt es für sie einer geplanten Revolution gleich. So oder so solltest du beim Einstudieren deiner kleinen Rede nicht nur an die Vorteile der grandiosen Idee denken sondern auch und insbesondere an die Nachteile. Keep in mind: Du sitzt Menschen gegenüber, die sich vielmehr für die Contra- als für die Pro-Seite interessieren. Und da das letzte, worauf sie sich stützen werden, ohnehin die altbekannte Traditionsfloskel ist, wäre es auch nicht verkehrt, sich diese einmal genau anzusehen. Was ist der alte Weg und warum ist niemals jemand abgebogen?Bleib am Ball, aber übertreib‘s nicht!
Gut, ich möchte nicht mutmaßen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass deine Idee nicht sofort abgebügelt wurde. Aber nehmen wir einfach einmal an, der verhasste Satz ist noch nicht gefallen. Ich schätze die Worte „Wunderbar! Wann wollen starten?“ fielen eher nicht. (Falls doch: Gut gemacht, du hast meine Erlaubnis, den Rest des Textes zu überblättern.) Vielmehr war es wahrscheinlich ein verhaltenes Nicken, wahrscheinlich hat auch jemand gesagt, dass nun etwas Zeit gebraucht wird, um das Ganze zu überdenken. Da hilft nix – die Zeit musst du ihnen geben.Kennst du diese Verkäufer, die dich schon beim Betreten eines Geschäfts fragen, ob sie dir helfen können, du recht deutlich ablehnst und sie dich dennoch verfolgen, um dir mitzuteilen, wie gut die Farbe zu deinen Augen passen würde? Magst du auch nicht? Dann sei nicht wie sie! Gib deinen Entscheidungsträgern Zeit über deine Idee nachzudenken. Vielleicht hast du ja auch tatsächlich eine Art Handout da gelassen, das ihnen hin und wieder mal zwischen die Finger geraten wird. Orientiere dich betreffend der Frequenz deiner Nachfrage vielleicht daran, was deine Freunde dir nach einem Date raten würden: direkt nach ‚nem Tag anrufen, ist uncool aber gar nicht nachhaken wirkt, als hättest du kein Interesse. In diesem Falle kann man denke ich schon so nach ein, zwei Wochen einmal nachfragen, ob dein Plan Anklang gefunden hat.
Jetzt hast du nachgefragt und die Antwort ist nein. Dann stell ihnen die Frage vor der sie Angst haben: Warum nicht? Wenn dir jemand nun ernsthaft den dummen Satz an den Kopf knallt, dann bitte ihn um ein vernünftiges (!) Feedback – eins mit mindestens einem richtigen Argument. Der richtige Input kann dir helfen deine Idee zu verbessern. Vielleicht bleibt’s ja nicht beim Nein!
Kopf hoch!
So, kommen wir nun zum kitschigen Stay-positive-Part dieses kleinen Aufsatzes. Er würde doch sonst wahrlich fehlen. Ja Sturköpfe nerven! Sei 5 Minuten lang traurig und enttäuscht von der ganzen Nummer! Aber du hast es dir ja auch schon ein bisschen gedacht und konntest dich auf die Situation vorbereiten. Steck‘ deinen Kopf nicht in den Sand, das hilft dir nämlich nicht. Du stehst nun am Scheideweg. Auf Weg Nummer eins fährst du auf gleicher Strecke weiter. Sitzt im Speisewagen beim Kaffee mit den Fossilien, weil du ihn ja auch ein bisschen liebst, deinen spießigen Laden und damit leben kannst, hin und wieder den Satz der Sätze zu hören. Es gibt ein Leben außerhalb des Bürogebäudes und die Möglichkeiten zu frischen Ideen sind vielfältig, denn hier entscheidest du. Du kannst aber auch aussteigen: vielleicht heißt die nächste Haltestelle „neuer Job“ und vielleicht laufen dort die Dinge anders. Wie du dich auch entscheidest: Lass dir nicht deine Kreativität und deine Freude an Veränderungen und Optimierung nehmen.Wie immer es ausgehen mag: Eine wirklich gute Idee verdient es, für sie zu kämpfen. Also sprich sie an: Dein Büro braucht endlich Fairtrade-Kaffee!
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