
Alles muss im Überfluss vorhanden sein – dieser exzessive Anspruch gilt heutzutage nicht nur bloß für materielles Gut, sondern auch für die immateriellen. Jede Sekunde des Lebens muss produktiv gefüllt sein, mit Erlebnissen, Erfahrungen, Abenteuern und instagram-würdigen Momenten mit den Freunden. Fünf Minuten auf jemanden zu warten, ohne nebenbei noch eine neue Sprache zu lernen, oder den Sonntag auf der Couch zu gammeln und dabei nicht einmal einen Serien-Marathon zu starten, ist frevelhafter Diebstahl an der eigenen Lebenszeit, der vor der Gesellschaft nicht zu rechtfertigen ist. Die zeitgeistige Jochen-Schweizer-Philosophie erfordert brutal-konsequente Selbstoptimierung und wer eine wertvolle Sekunde mit Nichtstun durch seine Finger fleuchen lässt, hat schon verloren.
Es spricht nichts dagegen, wenn du deine Freizeit im normativen Sinne produktiv nutzt, indem du beispielsweise eine Sprache lernst oder nebenbei ein kleines Start-up aufziehst. Aber es spricht eben auch nichts dagegen, es nicht zu tun. Wichtig ist deine Freizeit bzw. dein Privatleben an sich – dafür ist es nicht von Relevanz, ob du sie nutzt, um deinem Arsenal eine weitere Fähigkeit hinzuzufügen, um für ein Paragliding-Wochenende in die Alpen fährst, um um die Welt zu reisen oder um die Zeit einfach zu vertrödeln. Freizeit ist wichtig, um einen Ausgleich zu bekommen und sie für dich zu nutzen, selbst wenn das Nutzen im Nichtnutzen besteht.
Und dennoch ist es gar nicht so leicht, dir den Raum für deine Freizeit zu schaffen, schließlich geht ein Drittel des (Werk-)Tages schon für die Arbeit drauf bzw. sogar die Hälfte der Zeit, die du diesen Tag im Wachzustand verbringst. Und dabei sind Anfahrtsweg, Pause, Überstunden usw. noch gar nicht mitgerechnet. Nicht zu vergessen die Momente, in denen du Firmenmails liest oder über ein Projekt nachgrübelst, obwohl du längst im Feierabend bist. Du verbringst wahnsinnig viel Zeit mit der Arbeit – direkt und indirekt –, die dir durch das Gehalt, das du verdienst, die Möglichkeit geben soll, dein Leben nach deinen Vorstellungen zu leben, hast aber meist nur sehr wenig Zeit dafür, dich diesem Leben zu widmen.
Um dem entgegenzuwirken, geben wir dir drei Tipps mit auf den Weg, wie du dein Privatleben mit der Arbeit vereinst, ohne dabei die Balance zwischen beiden in ein apokalyptisches Ungleichgewicht zu bringen:
1. Sei engagiert
Leider setzen viele Menschen – auch Vorgesetzte – Engagement immer noch mit Screentime und Aktionismus gleich. Jemand, der zehn Stunden im Büro ist, gilt häufig als fleißiger als jemand, der nur acht oder gar weniger Stunden anwesend ist, obwohl letzterer in der kürzeren Zeit vielleicht konsequenter sein Projekt vorantreibt. Jemand, der munter in die Tasten haut oder seinen Papierstapel durchwühlt, gilt häufiger als fleißiger als jemand, der aus dem Fenster schaut und vermeintlich nichts tut, obwohl letzter vielleicht im Geiste einen komplizierten Gedanken ausformuliert. Nur weil jemand gefühlt rund um die Uhr auf der Arbeit ist oder geschäftig aussieht, bedeutet das nicht, dass derjenige fleißiger und engagierter ist. Und auch Überstunden sind nicht automatisch ein Zeichen für Engagement. Hin und wieder sind sie notwendig, bei einem großen Projekt, das in Zeitverzug ist, beispielsweise. Doch leider werden sie noch immer zu häufig von Vorgesetzten als Möglichkeit verstanden, von ihren Mitarbeitern die Arbeitskraft einer 60- oder 70-Stunden-Woche für den Preis einer 40-Stunden-Woche zu bekommen. Über gesetzliche Regelungen zu Überstunden und ihrem Ausgleich wird hinweggesehen.Genauso wenig wie vorgetäuschte Geschäftigkeit bedeutet Engagement, dass du von Arbeitsbeginn bis Feierabend deinen Blick nicht vom Bildschirm nehmen darfst. Es sind, so blöd es auch klingen mag, häufig die vermeintlichen Kleinigkeiten. Sei in den Meetings und Gesprächen mit deinen Kollegen präsent. Stell Fragen, gibt Feedback, bring dich und deine Ideen ein. Hör zu und verinnerliche, dass du im Team mehr verwirklichen kannst.
2. Entwickle ein Gefühl dafür, wann es sinnvoll ist, Ja und wann Nein zu sagen
Womit wir beim Teamplayer wären. Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht oder die Arbeit als eine Competition sieht, in der es die Kollegen auszustechen gilt, ist das nicht nur schlecht für das Arbeitsklima, sondern auch meistens nicht gut für das Unternehmen. Niemand findet es gut, wenn ein anderer dazwischengrätscht und einem einen Kunden vor der Nase wegschnappt. Doch auch beim Kunden kann das sauer aufstoßen – im schlimmsten Fall zum Nachteil der Firma.Zum Teamplayer gehört es auch, anderen helfend beiseite zu stehen oder auch mal von selbst ein Projekt zu übernehmen. Nichts ist lästiger als ein Meeting mit lauter Menschen, die sich nicht zuständig fühlen. Aber natürlich kannst du nicht zu allem immer Ja sagen, denn auch ein Arbeitstag ist endlich und es passt nur ein bestimmtes Arbeitspensum in deine Arbeitszeit. Es ist also wichtig zu wissen, wie viel Arbeit du erledigen kannst, bis es zu viel wird. Wenn dein Chef dir Aufgaben für zwei aufgebrummt hat, ist es keine gute Idee, dir noch eine weitere aufzubürden. Spätestens jetzt ist also der Moment, Nein zu sagen. Kenne deine Grenzen. Es ist niemandem geholfen, wenn sich die unerledigten Aufgaben langsam immer höher stapeln und die Qualität deiner Arbeit beim Versuch, alles unter einen Hut zu bekommen, kontinuierlich abnimmt.
3. Tausche dich regelmäßig mit deinen Vorgesetzten aus
Ich gebe zu, dieser Punkt ist nicht immer so einfach einzuhalten. Und manchmal nützt alles nichts und du solltest ihn kommentarlos streichen (und ganz tief in dich gehen und dir die Frage stellen, was das eigentlich für eine Beziehung ist, so zwischen dir und deinem Arbeitsplatz), denn es kommt natürlich auch auf deinen Vorgesetzten an, ob so ein Austausch Früchte trägt oder nicht (niemand redet gerne gegen eine Wand). Die meisten Vorgesetzten haben jedoch auch ein Interesse an ihren Angestellten und an ihren Arbeiten. Es kann also hilfreich sein, dich regelmäßig mit deinen Vorgesetzten auszutauschen, so dass sie einen besseren Eindruck von deiner Arbeit bekommen – und im Idealfall selbst sehen, dass du die weiteren zehn Projekte, die sie dir zuschustern wollten, gar nicht schultern kannst. Außerdem kannst du hier auch aktiv Engagement zeigen, nach Feedback fragen, Anregungen geben, deine Karriereziele formulieren oder z.B. Fortbildungen anregen, um dir weitere Fähigkeiten anzueignen. Ein weitsichtiger Vorgesetzter wird natürlich sehen, dass diese am Ende des Tages nicht nur dir, sondern auch dem Unternehmen zugutekommen.Empfohlen


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