img

Das Vorstellungsgespräch hast du eindeutig in den Sand gesetzt. Konsequent war nur, dass du auf Fragen entweder mit Gestammel oder uninspirierten Phrasen geantwortet hast. Und auf den Punkt bist du auch kein einziges Mal gekommen. Stattdessen hast du dir bestimmt im dreistelligen Bereich durch das Gesicht gewischt und bist auf deinem Stuhl hin und her gewippt, als hättest du gerade einen ganz üblen Trip. Deine Frisur und dein Outfit hatten einen Wettstreit miteinander, wer von beiden weniger sitzt. Immerhin eins ist dir gelungen: Du bist der schlechteste Bewerber, den das Unternehmen je hatte. Das ist kein großer Trost, denn an und für sich wäre das schon dein Traumjob gewesen.

Wenige Tage kommt dann der Anruf: Du hast durchweg überzeugt und hast den Job! Waren deine Mitbewerber wirklich so unterirdisch schlecht, dass du als einzige halbwegs vernünftige Alternative übrig geblieben bist? Wahrscheinlicher ist jedoch, dass du den Maßstab an dich viel zu hoch ansetzt und zu hart zu dir selbst bist. Es ist nicht grundsätzlich verkehrt, wenn du perfektionistisch veranlagt bist und ambitionierte Ziele hast. Ein gutes Haus entsteht nicht dadurch, dass ein Stein irgendwie Pi mal Daumen auf dem anderen zu liegen kommt, denn so wird das Gebäude höchstwahrscheinlich nur windschief. Aber es ist wichtig zu erkennen, wann du deinen Perfektionismus auch mal Perfektionismus sein lassen musst. Manchmal reicht es eben, etwas "nur" fertig zu bekommen oder bloß gute statt exzellente Arbeit abzuliefern. Schreibst du etwa einem Kunden auf eine E-Mail, dass du seine Anfrage erhalten hast und dich darum kümmern wirst, reichen meist 2-3 Sätze – er muss nicht das Gefühl haben, Goethe und Schiller hätten nächtelang über die Antwort gebrütet.

Doch woran erkennst du eigentlich, ob deine Ziele ambitioniert sind und dich so vielleicht sogar pushen, oder ob dir gegenüber zu gnadenlos bist und dich unbewusst schindest? Wir haben dir ambitioniert, aber nicht zu überehrgeizig vier Anzeichen zusammengestellt.

1. Du haderst mit Komplimenten

Vielen Menschen fällt es schwer, ein ernstgemeintes Kompliment anzunehmen. Vielleicht kennst du solche Situationen auch. Fast automatisch versuchst du abzuwiegeln oder zu relativieren: Im Prinzip hast du auch gar nichts gemacht, was das Lob rechtfertigte. Und es ist auch verständlich. Du willst nicht arrogant erscheinen. Außerdem hast du, da du meist mehr über den Prozess und den Weg zu dem Ergebnis weißt, auch einen anderen Blick: Fehler und Defizite springen dir mehr ins Auge. Sie führst du gerne ins Feld, um nicht zu abgehoben zu erscheinen.

Demut ist eine feine Sache, das bedeutet aber nicht, dass du die Wertschätzung anderer für deine gute Arbeit nicht verdient hättest. Nimm ein Kompliment also an und antworte einfach mit einem "Danke".

2. "Aber …"

Es ist fast schon die Königsdisziplin des Komplimente-nicht-Annehmens: das kleine Wort "aber". Du relativierst oder zerredest ein Kompliment nicht einfach, sondern nimmst es erst an – "Stimmt, die Präsentation war schon gut ausgearbeitet …" –, um sie im Anschluss doch noch zu relativieren: "… aber hätte ich mehr Zeit gehabt, wäre sie noch strukturierter geworden. So war sie ein bisschen wirr, nicht?" Und den oben erwähnten Job hast du natürlich doch irgendwie verdientermaßen bekommen. Aber die anderen Mitbewerber waren auch wirklich nicht so gut. Das kommt dir bekannt vor? Wir stecken viel Zeit und Energie darin, ein angenommenes Kompliment hinterrücks doch noch abzuschwächen, indem wir einen "Aber"-Satz an unsere Antwort hängen. Dabei steckt die Wahrheit eigentlich bereits im ersten Teil deines Satzes.

3. Du brauchst immer die Bestätigung anderer

Es ist nicht verkehrt, sich die Unterstützung von anderen Leuten zu holen. Häufig ist ihr Wissen oder die andere Sichtweise, die sie haben, hilfreich und bringt dich weiter. Auf die Meinung anderer zu vertrauen, ist nichts Schlimmes – es ist sogar eine nützliche Eigenschaft, einschätzen zu können, wann die Expertise eines anderen dich weiterbringt als deine eigene.

Bist du allerdings ständig auf die Rückversicherung durch andere angewiesen, selbst bei Aufgaben, in denen eigentlich du der absolute Experte bist, bedeutet das, dass du zu wenig Vertrauen in deine Fähigkeiten hast – das verlangsamt dich nur in deiner Arbeit und steigert auf lange Sicht nur die Unsicherheit in deine Fähigkeiten. Also: Hab Vertrauen in dein Können.

4. Du übernimmst die Schuld für alles

Das Haar in der Suppe zu suchen, wenn alles nahezu perfekt gelaufen ist, ist erstaunlich leicht, doch noch leichter ist es, dir die Schuld zugeben, wenn Dinge falschgelaufen sind, selbst wenn diese außerhalb deines Einflussbereiches lagen. Wenn der Beginn deiner Präsentation sich nach hinten hinausverzögert, weil ein wichtiger Kunde zu spät kommt, oder du jemanden eine Ausarbeitung nicht zuschicken kannst, da der Server gerade lahmgelegt ist, so ist das natürlich ärgerlich, aber häufig nicht zu ändern und vor allem nicht deine persönliche Schuld. Es ist eine Sache, dich kurz allgemein zu entschuldigen, eine andere ist es, diese Schuld selbst schultern zu wollen und dich in Rechenschaftselogen zu ergehen. Nicht alles ist deine Schuld. Und ändern tut es nebenbei auch nichts.


Wenn du also eins der vier Anzeichen bei dir bemerkst, atme gut durch und sei ein bisschen fairer im Umgang mit dir selbst.

Empfohlen

Wähle aus 207 internationalen Top-Unternehmen.